Kyuka Before Summer’s End
Κιούκα πριν το τέλος του καλοκαιριού
Münchenpremiere
Samstag, 15.11.2025
15:00 Uhr
Theatiner
Eintritt: 11 Euro, ermäßigt 9 Euro
Sonntag, 23.11.2025
20:00 Uhr
Gasteig HP8
Eintritt: 11 Euro, ermäßigt 9 Euro
GRIECHENLAND / NORDMAZEDONIEN 2024
KOMÖDIE, DRAMA
106 MINUTEN
OmeU, griechische Originalfassung mit englischen Untertiteln
Regie: Kostis Charamountanis
Drehbuch: Kostis Charamountanis
Kamera: Konstantinos Koukoulios
Mit Simeon Tsakiris, Elsa Lekakou, Konstantinos Georgopoulos, Elena Topalidou, Afroditi Kapokaki, Stathis Apostolou, Ioli Kalaitzi, Chryssi Vidalaki
Der Film „Kyuka – Before Summer’s End“ entfaltet sich wie ein spätsommernder Traum, getränkt in salziger Luft, flirrendem Licht und der melancholischen Ruhe des ägäischen Meeres. Es ist ein stilles, poetisches Familiendrama über das, was zwischen Menschen unausgesprochen bleibt – und über die Art, wie Zeit Wunden nicht heilt, sondern nur umspült.
Ein Vater segelt mit seinen mittlerweile erwachsenen Zwillingen, einem Sohn und einer Tochter, nach Poros – einer Insel, die zugleich Ferienstimmung und ein seltsames Gefühl von Abgeschlossenheit verströmt. Was für die drei zunächst nach einem unbeschwerten Sommer aussieht, wird langsam zu einer Reise in die Vergangenheit. Die Zwillinge wissen nicht, dass sich auf der Insel ihre leibliche Mutter aufhält – die Frau, die sie als Babys verlassen hat. Ihre Begegnung geschieht zufällig, fast beiläufig, aber der Film nutzt diesen Moment, um das Thema Identität, Erinnerung und Schuld zart zu umkreisen, anstatt es dramatisch auszuschlachten.
Regisseur Kostis Charamountanis, der hier sein Spielfilmdebüt gibt, inszeniert die Geschichte mit einer fast dokumentarischen Leichtigkeit. Er beobachtet mehr, als dass er erklärt. Die Kamera bleibt oft auf Distanz, lässt den Figuren Raum, schweigt mit ihnen, folgt dem Wind über das Wasser. Dadurch entsteht ein intensives Gefühl von Gegenwart – man spürt Sonne, Hitze, den salzigen Geruch der Haut, das Knarren des Bootes. Diese sinnliche Dichte erinnert an frühe Filme von Éric Rohmer oder an Richard Linklaters Before Sunrise-Trilogie, nur eben gefiltert durch mediterranes Licht und griechische Sehnsucht.
Der Titel „Kyuka“ stammt übrigens aus dem Japanischen und bedeutet „Ferien“. Das ist kein Zufall: Charamountanis spielt mit der Idee des „Urlaubs“ als Schwebezustand, als Zwischenwelt, in der Rollen neu verteilt und Grenzen aufgehoben werden. Ferien sind kein Ende, sondern ein schwebender Moment vor dem nächsten Schritt – daher der Untertitel Before Summer’s End.
Bei den Filmfestivals in Cannes (ACID-Sektion) und Thessaloniki erhielt der Film begeisterte Reaktionen. In Thessaloniki gewann er den Publikumspreis sowie den Preis für das beste Regiedebüt – Auszeichnungen, die selten an so leise, introspektive Werke gehen. Das Publikum reagierte besonders auf die unaufgeregte Ehrlichkeit des Films, seine Fähigkeit, komplexe Emotionen ohne Pathos zu zeigen.
Musikalisch wird die Atmosphäre von einem minimalistischen Soundtrack getragen, der Windgeräusche und wellenartige Synthesizerklänge miteinander verschmilzt. Dialoge treten manchmal zurück, während das Meer zu einer Art stummem Erzähler wird.
Interessant ist auch die Generationenebene: Der Vater repräsentiert eine vergangene Lebensweise – analog, handwerklich, vom Wind abhängig. Die Zwillinge dagegen leben digital, flüchtig, immer erreichbar. Auf dem Boot aber sind sie gezwungen, miteinander zu sprechen, zu streiten, zu schweigen – ein Mikrokosmos familiärer Spannung, die in der Begegnung mit der Mutter ihren emotionalen Höhepunkt findet.
Charamountanis selbst hat in Interviews betont, dass der Film keine Schuldzuweisung betreiben will. Die Mutter ist keine „Böse“, der Vater kein Held. Vielmehr gehe es um das Ringen zwischen Verantwortung und Freiheit – eine Frage, die sich wie eine Meeresströmung durch alle Figuren zieht.
„Kyuka – Before Summer’s End“ ist einer jener Filme, die nicht laut schreien, sondern flüstern – und trotzdem lange im Kopf bleiben. Er ist zärtlich, traurig und erstaunlich humorvoll in kleinen Momenten. Ein Liebesbrief an das Meer, an die Kindheit, an das Erwachsenwerden – und an das bittersüße Gefühl, dass jeder Sommer irgendwann endet, selbst wenn man ihn noch so festhält.