Ein tragisches Ereignis an den nördlichen Grenzen Griechenlands stellt eine dreiköpfige griechische Familie vor persönliche Herausforderungen, bei denen jeder Einzelne das Kosten ihrer Handlungen zum ersten Mal in ihrem Leben bedenken muss. Regisseurin Asimina Proedrou erforscht in ihrem intensiven und visuell lyrischen Film, religiöse Heuchelei, Fremdenfeindlichkeit und restriktive Grenzen.
Darum geht es in „Behind The Haystacks“
In einem kleinen Dorf in der Nähe zur Grenze mit Nordmazedonien lebt Stergios, ein bescheidener griechischer Bauer und Fischer. An seiner Seite stehen seine gläubige Frau Maria und die gemeinsame Tochter Anastasia. Doch das Leben der Familie ist von finanziellen Sorgen überschattet. Stergios kämpft mit hohen Steuerschulden und sieht sich gezwungen, Flüchtlinge für die örtliche Mafia über den Grenzsee zu schmuggeln, um seine Schulden abzubezahlen.
Als bei einem dieser Schmuggelversuche ein tragisches Unglück geschieht und der Bauer beschließt, auszusteigen, gerät er nicht nur in Konflikt mit der Mafia, sondern auch seine gesamte Familie wird in die Ereignisse verwickelt.
Seine Frau Maria entwickelt unterdessen eine heimliche Sympathie für die Flüchtlinge, obwohl diese Haltung nicht mit den Ansichten der örtlichen Kirche übereinstimmt. Sie fühlt sich dazu berufen, den Menschen in Not zu helfen. Tochter Anastasia wiederum folgt unterdessen dem Angebot und tritt heimlich als Sängerin in einem Nachtclub auf, während sie tagsüber im Krankenhaus arbeitet. Als Stergios von Anastasias geheimem Doppelleben erfährt, kommt es zu einem heftigen Streit zwischen Vater und Tochter.
In ihrer Verzweiflung beschließt Anastasia daraufhin, ihr Zuhause zu verlassen. Sie findet Unterschlupf bei ihrem Freund Christos, ohne dass ihre Eltern davon erfahren. Die Konsequenzen nehmen daraufhin eine tragische Wendung.
Ein visuell intensiver Film, den Sie nicht verpassen sollten
In ihrem Film nutzt Regisseurin und Autorin Asimina Proedrou eine geschickte Erzählstruktur, um die Geschichte ihrer Protagonistinnen und Protagonisten in drei Kapiteln zu präsentieren. Durch diese Struktur ermöglicht sie, tief in ihre innersten Wünsche, Ängste, die Innenwelten ihrer Charaktere, ihrer Reaktionen und der subtilen, fast unmerklichen Momente einzutauchen. Proedrou spielt dabei gekonnt mit Zeit und Perspektive, was in eine fesselnde und verwobene Handlung eintauchen lässt.
Besonders beeindruckend ist, wie die Regisseurin die Geschichte der Familie auf eine packende Art erzählt. Sie zeigt Konsequenzen egoistischer Wünsche und Vorurteile, die die Beziehungen und das Leben der Charaktere beeinflussen.
In dem Film „Behind The Haystacks“ werden wohl die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen der Zeit reflektiert. Das Drama spielt im Jahr 2015 und skizziert somit auch die politische Situation in Griechenland. Die Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“ agiert als drittstärkste Kraft im griechischen Parlament und das Land selbst ist von einer großen Flüchtlingskrise betroffen. Regisseurin Proedrou erlangte zuvor Bekanntheit durch seinen Kurzfilm „Red Hulk“ aus dem Jahr 2015.
„Behind The Haystacks“ wurde beim Internationalen Filmfests Thessaloniki mit mehreren Auszeichnungen gewürdigt, darunter auch in der hoch angesehenen Kategorie „Bester Film“ von der griechischen Vereinigung der Filmkritiker. Dieser Erfolg setzte sich bei den diesjährigen Iris-Awards der Griechischen Filmakademie fort, bei denen der Film insgesamt zehn Preise gewann. Die Iris-Awards gelten als einer der wichtigsten Filmpreise in Griechenland.